Seit letztem Jahr in aller Munde – die U5 und damit eine neue U-Bahn-Linie für Hamburg. Von Bramfeld über Steilshoop durch die Innenstadt bis nach Lurup und zum Osdorfer Born soll sie fahren und damit endlich Stadtteile an das Schnellbahnnetz anschließen, die bisher noch keinen Anschluss haben. Für unsere Verkehrsplaner und Baufachleute bedeutet das eine ganze Menge Planung und Untersuchungen, die durchgeführt werden müssen. Aber letztlich hat auch jeder Hamburger eine eigene Meinung zur neuen U-Bahn-Linie und eine eigene Vorstellung davon, wo sie (für mich persönlich natürlich am sinnvollsten) lang fahren sollte.
In der Juni-Ausgabe vom Stadtlichh Magazin und auf liniefuenf.de wurden Vorschläge gemacht und diskutiert, die auch wir von Kommentatoren hier auf dem Blog oder auf unserem Facebook- und Twitter-Kanal kennen. Dabei sind viele kreative und auch mal unkonventionelle Ideen, von denen wir uns einige auch genauer angeschaut haben. Grund genug, mal wieder bei Verkehrsplaner Olaf Weinrich nachzufragen, was für den Streckenverlauf der künftigen U-Bahn eigentlich entscheidend ist. Dafür habe ich ihm ein paar der Vorschläge gezeigt:
1. Querverbindung nördlich der Alster – direkt von Ost nach West
Auf den ersten Blick scheint so eine tangentiale Verbindung durchaus sinnvoll, denn natürlich sind dort Gebiete, die angeschlossen werden könnten. Im Moment setzen wir dort Busse ein. Je weiter entfernt vom Stadtzentrum diese tangentiale Verbindung liegt sind es oft sogar „nur“ Solobusse, also kleinere Busse, weil die heutige Nachfrage entsprechend geringer ist. Hier sind also nicht so viele Fahrgäste unterwegs, dass sich heute oder in absehbarer Zukunft eine U-Bahn rechnen würde. Damit bleibt so eine tangentiale Verbindung vom Fahrgastaufkommen immer hinter der aktuell geplanten U5 zurück, auch wenn sie einige –vor allem aus Sicht einzelner Betroffener – durchaus lohnenswerte Ziele hat.
Gegen die Querverbindung spricht aber auch, dass die U5 die stark belasteten MetroBus-Linien entlasten soll und muss. Auf denen fahren wir heute schon mit Doppelgelenk- und Gelenkbussen. Oft in einem Takt von weniger als 5 Minuten. Dieses System wird also an seine Grenzen stoßen und bald schon nicht mehr ausreichen. Womit wir auch direkt beim zweiten Punkt wären:
2. Immer durch die Innenstadt – Wieso eigentlich?
Die durch die Innenstadt verlaufenden MetroBus-Linien zeigen ganz gut warum, denn hier sind einfach die meisten Fahrgäste unterwegs. In die MetroBus-Linie 6 steigen werktäglich über 25.000 Fahrgäste ein und alleine in dem am stärksten ausgenutzten Abschnitt Gurlittstraße – Hauptbahnhof werden mehr als 13.000 Fahrgäste am Tag im 3,3 Minuten-Takt befördert. Die MetroBus-Linie 5 liegt mit über 60.000 Einsteigern am Tag und einer Nachfrage von werktäglich 23.000 Fahrgästen zwischen Universität/Staatsbibliothek und Dammtor sogar noch deutlich darüber.
Um daraus eine künftige Fahrgastzahl für die U5 zu ermitteln, führen wir natürlich auch Verkehrsmodellberechnungen durch, die uns genaue Angaben liefern. Aber es reicht schon ein Blick auf die heutige Nachfrage bei den Bussen. Auf den MetroBus-Linien in die Innenstadt fahren wir einen sehr engen Takt von unter fünf Minuten mit großen Bussen. Auf den Tangentialen dagegen reicht im Fall der 20 und 25 ein 10-Minuten-Takt, der nur auf bestimmten Abschnitten verdichtet wird. Auf den weiter entfernt liegenden Verbindungen reichen sogar überwiegend Solobusse mit noch größeren Taktabständen. Das zeigt eben, dass ein größerer Teil der Bewohner in den durch die U5 angebundenen Stadtteilen in die Innenstadt fahren will. Und wenn man eine U-Bahn durch die Innenstadt plant, sind Jungfernstieg und Hauptbahnhof die zwingend anzubindenden Haltestellen, um den Fahrgästen das bequeme Umsteigen auf andere Linien zu ermöglichen. Davon abgesehen verhindert die U5 auch eine Überlastung der bestehenden U-Bahn-Linien in der Innenstadt, weil es eine zusätzliche Alternative gibt und sich Fahrgäste so noch besser verteilen können.
3. Bestehende Linien mitbenutzen
Die vorhandenen Linien zu nutzen, ist eigentlich eine gute Idee. Das würde bedeuten, die neue U-Bahn-Linie würde ein Stück selbstständig fahren, dann an einer Haltestelle einfädeln, also im Grunde in eine bestehende Linie einfahren und ab da deren Gleise und Haltestellen mitbenutzen. Allerdings kann dieses Ein- und Ausfädeln in die Linien zum Problem werden. Man kann sich das vorstellen wie im Autoverkehr. Auf der Hauptstraße läuft der Verkehr, von einer Seitenstraße kommen nun zusätzliche Fahrzeuge, die auf die Hauptstraße einbiegen. Da wird’s dann irgendwann eng oder kommt im schlimmsten Fall zu Stau. Das wäre also auch bei der U-Bahn der Fall, wenn gleich mehrere Linien aufeinander treffen und die gleichen Gleise nutzen. Wir haben ja jetzt eben normale und eng getaktete Fahrpläne auf den anderen Linien. Hier kann man nicht unendlich zusätzliche Bahnen „zwischen schieben“, nur weil es praktisch erscheint. Die Kapazitäten der Neubaustrecken wären somit von Anfang an begrenzt – bei weiter steigenden Fahrgastzahlen keine zukunftssichere Lösung. Davon abgesehen müssten die bestehenden Strecken, in denen ein- oder ausgefädelt werden soll, aufwändig umgebaut werden.
Die Mitbenutzung von bestehenden U-Bahn-Strecken bedeutet nämlich auch, dass vorhandene Restriktionen des jetzigen Systems auch auf neue Strecken übertragen werden würden.
Am Beispiel der U3 wird deutlich, welche Auswirkungen das haben würde. Hier sind manche Bahnsteige nämlich nur 90 Meter lang. Damit sind wir bei der Wahl der U-Bahnen eben auch auf Fahrzeuge festgelegt, die von der Länge passen. Ganz konkret bedeutet das beim DT5, dass wir dort zwei Wagen mit je 40 Metern Länge einsetzen können. Würde die neue U5 also Streckenabschnitte der U3 mitbenutzen, müsste diese kürzere Länge auf die gesamte Linie übertragen werden. Damit schließen wir also aus, längere Fahrzeuge von z.B. 120 Metern wie auf der U1 und U2 einsetzen zu können. Übrigens war das 2009 der Grund für den Linientausch der U2 und U3. Seitdem können auf der U2 nämlich längere Züge eingesetzt werden. Genauso hat eine Mitbenutzung Einfluss auf automatisches Fahren, was perspektivisch möglich scheint. Auf einer unabhängigen U5 wäre das problemlos möglich, weil die Linie komplett darauf ausgelegt würde. Würde die U5 nun aber wieder Streckenabschnitte der U3 mitbenutzen, müsste man das gesamte System auf dem Ring austauschen, damit die Züge der U5 dort auch fahren könnten.
Der Beitrag U5: Wo soll’s lang gehen – und warum eigentlich? erschien zuerst auf HOCHBAHN.